Die Salamitaktik

Salamitaktik

 

Der Flughafen hat nach wie vor Hunger und weiterhin Gelüste. Aktuell wurde wieder einmal eine Salamischeibe für ihn abgeschnitten. Doch Dank auch unseres Engagements fiel sie nicht so dick aus, wie Geschäftsfüh-rung, Fluggesellschaften, IHK und politische Befürworter sie wünschten.

Mit der Genehmigung der Betriebszeit von 6.00 bis 23.00 Uhr für Landungen plus 30 Minuten Verspätungsregelung sowie für Starts bis 22.00 Uhr plus 30 Minuten Verspätungsregelung (jeweils nur für Maschinen im Liniendienst) ist der Einstieg in den

Nachtflug

vollzogen.

Beschränkungen bedeuten die nur 4 zugelassenen nächtlichen Bewegungen ab 22 Uhr sowie die durchschnittliche monatliche Höchstsumme von 16 Verspätungen (Landungen+Starts).

Ausnahmen, wie gehabt, sind zulässig. Darüber entscheidet nach Einzel-Antrag die örtliche Luftaufsicht.

Die neue Betriebszeitenregelung mit allen Nebenbedingungen ist in der folgenden Übersicht mit den vorherigen Regelungen und Zwischenschritten gegenüber gestellt:

In dieser Tabelle sehen Sie die Betriebszeiten-Regelungen der letzten Jahre (ein Klick lädt die Datei herunter).

Harmlose Wundertüte?

Alles andere als das!

1.530 Flugbewegungen (Starts und Landungen) nach 22 Uhr sind prognostiziert, das sind vergleichsweise mehr als 11 % der Bewegungen im Jahr 2017 im Linien- und Charterverkehr.

 Wie geht es weiter, was ist zu tun?

Die Flughafengesellschaft konnte die neue Genehmigung seit der Zustellung im August nutzen. Und tat dieses mit  2 Starts kurz nach 22 Uhr am 1. und 2. September. Am 22.09. reizte „eurowings“ mit ihrer Samstagabend-Verbindung nach Mallorca sogar um 22:29 Uhr mit 49 Minuten „Verspätung“ die Verlängerung aus! Nachdem die Maschine zuvor  5:49 Stunden nach der Landung hier in Dortmund gestanden hatte! Die „eurowings“ setzte auch mit verspäteten Landungen nach 22:00 Uhr ihrer für 21.55 Uhr vorgesehenen Maschine eine weitere Duftmarke und unterstrich prompt die Notwendigkeit der erweiterten Betriebszeit für ihre Verkehre.

 

Die SGF wird nach Abstimmung mit den Anwälten über das weitere Vorgehen entscheiden. Erneute Klageverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster sind vorgesehen.

 

Die Flughafen Dortmund GmbH wird nun nachweisen müssen, wie es um den vorgeblichen Bedarf für eine Betriebszeit in die Nacht steht. Sie wird neue Fluggesellschaft akquirieren (müssen).

Die in das Verfahren eingebrachten Briefe der nachstehenden Airlines dienten der Stützung des Flughafenantrags:

Der Platzhirsch Wizz Air  äußert seine Wünsche nach Belieben. In Ermangelung der Genehmigungsakten hier vorerst das Zitat von „Airport Research Center“ (ARC) im Prognosepapier für das Jahr 2030:

„Die Stationierung eines Flugzeugs der Wizz Air in Dortmund wird indirekt ausgeschlossen, weil hierfür eine Betriebszeit von mindestens 18 Stunden Voraussetzung ist.“

In einem Brief an den Flughafen-Geschäftsführer, der uns vorliegt,  lässt die Gesellschaft dagegen wissen, wie notwendig für sie die „Ausweitung der Betriebszeiten auf mindestens 23.00 Uhr“ sei, und sie sagt, unter diesen Bedingungen „erwägen wir ernsthaft, bis zu 5 Flugzeuge unserer erweiterten Flotte in Dortmund zu stationieren.“

Allerdings relativierte die Fluglinie bei einer Rechercheanfrage der

„Ruhr-Nachrichten“ diesen Expansionsdrang dahingehend, dass keine konkrete Zusage und erst recht kein Zeitpunkt genannt wurden!

Die Fluggesellschaft eurowings setzt ihre bereits im 1. Verfahren erhobene Forderung nach einer Betriebszeit bis 23.00 Uhr für Landungen fort und stellt die Stationierung einer weiteren Maschine in Aussicht. Auch werden weitere Ziele im für den Geschäftsreiseverkehr wichtigen doppelten Tagesrand z.B. Wien in Aussicht gestellt. (Zwischenzeitlich wurde diese Verbindung über wenige Wochen auch ohne Betriebszeitverlängerung betrieben, aber inzwischen sang- und klanglos eingestellt.) Wizz Air wird ab November diese Strecke bedienen. Es wäre der 4. Versuch dieser Streckenbedienung im Laufe der Jahre.

Die Chartergesellschaft „Small Planet Germany“,

die ebenfalls die Wichtigkeit der verlängerten Betriebszeit mit einem Schreiben attestierte, hat am 18.09. d.J. beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg einen Antrag auf ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung gestellt!

Das ist die Vorgeschichte

Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte im Dezember 2015 die Genehmigung zum Nachtflug aus Mai 2014 in den von der Stadt Unna und fünf SGF-Mitgliedern geführten Klageverfahren kassiert. Der 20. Senat sah zum einen den Bedarf nicht ausreichend begründet, vermisste aber auch eine ausreichende Abwägung zwischen den wirtschaftlichen Interessen des Flughafens und den Interessen auf Nachtruhe der Bevölkerung. Die Genehmigung durfte nicht vollzogen werden, eine  „Heilung“ des Antrags wurde ermöglicht.

Über den neu eingereichten Antrag hat die Bezirksregierung Münster als zuständige Genehmigungsbehörde entschieden. Sie ist dem Antrag der Flughafengesellschaft NICHT vollinhaltlich gefolgt, hat aber den Einstieg in die besonders sensible Nachtzeit (zwischen 22.00 und 6.00 Uhr) genehmigt.

Die Gutachten geben Rätsel auf…

                                                       Oder sind sie voller Widersprüche?

Einerseits sollen die Passagierzahlen steigen – in der Höhe unterschieden von dem Umstand, ob der Düsseldorfer Flughafen die beantragte Kapazitätserweiterung der stündlichen Landungen von jetzt 48 auf 60 genehmigt bekommt oder nicht.

Andererseits hat die Flughafengesellschaft die Anzahl der Flugbewegungen deutlich reduziert. Bei den Flugbewegungen am Tage sind es minus 21 %. Die Nachtflugbewegungen sind von 3.600 auf 1.530 um sage und schreibe 57,5 % reduziert.

Tabelle II: Gegenüberstellung der Flugbewegungsprognosen 2025 / 2030

Das mag man als Vorteil für die betroffene Bevölkerung werten, hat aber dagegen einen wesentlichen wirtschaftlichen Vorteil für die Flughafen Dortmund GmbH:

Sie bleibt rein rechnerisch mit durchschnittlich 4 nächtlichen Flügen unter den gesetzlichen Vorgaben und hat mit diesem entscheidenden Schachzug die Verpflichtung zur Gewährung von weiterem Schallschutz (Fenster/Lüftung) umgangen!

Freiwillige Leistungen? Ohnehin Fehlanzeige!

Eine Salamischeibe vom Billigheimer!

Ein Unternehmen, dass

  • sich der Nachhaltigkeit verpflichtet hat,
  • Regenwasser auffängt,
  • Papier-Handtücher aus Toiletten verbannt hat,
  • LED-Leuchten einsetzt,
  • Pfandflaschen sammelt,
  • nicht zuletzt nur existiert, weil seit 20 Jahren die Dortmunder Bürger/innen die jährlichen Defizite in zweistelliger Millionenhöhe ausgleichen,

trickst schamlos die lärmbetroffenen Bürger/innen, erst recht in der Nachbar-kommune Unna aus, indem es lärmschützende Maßnahmen umgeht, nein: verweigert. Und dabei das Gesetz leider immer noch auf seiner Seite hat.

So ermutigt, ist das Messer bereits geschärft für die nächste Salamischeibe, die Bahnverlängerung um 300 m in Richtung Unna durch Verlegung der östlichen Schwelle der Landebahn!

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