Rede Ulla Wirtz auf der JHV 2019

                                                                                                                 März 2019

Die (neue) Landesregierung NRW aus CDU + FDP hat den Landesentwicklungs-
plan geändert und alle Flughäfen (also auch Dortmund) als landesbedeutsam
eingestuft. Alle Einwendungen, auch der SGF, wurden nicht beachtet!

Auch der Regionalplan NRW erfährt eine umfangreiche Neufassung, an der sich
u.a. die Kommunen und Naturschutzverbände, aber auch alle Bürger*innen per
Einwendungen beteiligen konnten. Letzter Termin war de 1. März d.J.. Zum

Thema Flughafen Dortmund  haben wir Rechtsanwalt Karsten Sommer in Berlin beauftragt, der eine umfangreiche Stellungnahme abgegeben hat. Auf Anfrage stellen wir sie Ihnen gern zur Verfügung.

Wachstum, Wachstum…

Der Luftverkehr befindet sich nach wie vor im Aufwind. Dessen Sprachrohr,der Arbeitskreis Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) meldet Monat für Monat steigende Zahlen (www.adv.aero/verkehrszahlen). Im Gesamtjahr 2018 betrug der  Passagierzuwachs an den deutschen Verkehrsflughäfen + 4,1 % und führte zu einer  Gesamtpassagierzahl von 244,3 Millionen. Eine unglaubliche Zahl im Hinblick  auf die Folgen für den Klimawandel! Diese Entwicklung setzte sich im Januar  d.J. mit +  5,7 % = 15,72 Millionen Passagieren fort.

 Auch der Dortmunder Flughafen legte mit insges. 2.284.202  Fluggästen = +  14,2 % gegenüber dem Vorjahr zu.

Kein Wachstum ohne steigende Belastung für Mensch und Umwelt, denn  die Zahl der Flugbewegungen (Starts + Landungen) gegenüber dem Vorjahr stieg um + 16,4 % auf 25.523, eine sich fortsetzende Entwicklung.

 Werden mit diesen Transporten wirklich die Mobilitätsansprüche der hiesigen  Bevölkerung abgedeckt – oder ist es nicht eher der Reisebedarf der Bevölkerung im östlichen Europa, der hier mit Billigpreisen geweckt wird? Die bedienten Ziele wie Charkiw und Lwiw/Ukraine, Iasi/Rumänien, Szymani und Olsztyn-Mazury/Polen, Chisinau/Republik Moldau, Timisoare/Rumänien sind eher Zungenbrecher denn Reiseziele für breite Bevölkerungsschichten. Und wirklich Ziele für Geschäftsreisende, deren Anteil angeblich mit  25 % genannt wird?

Vielleicht sind in dieser Zahl auch die holländischen Arbeiter enthalten, die im letzten Jahr gesehen wurden, als sie per Bus aus Holland zum „Airport21“ an der Chaussee gebracht wurden. Saison-Arbeiter! Zum Mindestlohn?

… Zu welchem Preis?

Zum einen zum Schnäppchenpreis, denn die DSW21 bezuschusst jeden Passagier weiterhin (lt. bekannter Bilanz) in 2017 mit rd. 7,– € pro Flugstrecke.

Zum anderen vor dem Hintergrund der Folgen für den nicht zu leugnenden Klimawandel: Mit-Verursacher Flugverkehr.

Wenn, wie die Zeitungen Anfang März berichteten, eine neue Fluggesellschaft – „Carinair Malta“ ist der verheißungsvolle Name – hier andockt, die in Malta ihren Stammsitz hat, stimmt der Slogan:

Vom Steuer-Paradies Malta ins Subventions-Paradies Dortmund!

 Die Planungen sind so hochfliegend, dass der Flughafen-Geschäftsführer, die IHK und die Wirtschaftsvertreter es kaum abwarten können. Wenn die Fanta-sien Wirklichkeit werden, wird Dortmund endlich, endlich zum Startpunkt des großen europäischen Flugverkehrs und durchbricht die schwerpunktmäßige Ausrichtung nach Ost-Europa. „Business-Destinationen“ sollen die Geschäftsleute nach Wien, Mailand, Paris, Madrid, Lissabon, aber auch nach Prag und Moskau bringen.

Zu Flugzielen, die mit Ausnahme von Moskau, vor Jahren von der Chaussee aus bedient – und mangels Wirtschaftlichkeit –  eingestellt worden sind.

 Ein Blick in alte Flugpläne lohnt und offenbart die ganze Fülle von Strecken, die mit großer Hoffnung und Medienpräsenz eingerichtet und früher oder später lautlos in der Kiste des Vergessens verschwunden sind. Erinnern Sie noch die Namen der Fluggesellschaften, die als Hoffnungsträger freudig begrüßt worden sind? Hier sind einige Namen: Sterling, belleair, Bulgarian Airlines, Sky airlines, Viking Hellas, Pegasus, Freebird, Air Via, Saga Airlines, tailwind, Blue Wings, Onur Air, Austrian arrows und Germania.

Beispielhaft: Vom Winterflugplan 2007 /2008 flog Air Berlin die Insel Malta 1 x wöchentlich an, im Winter 2008  bis zum Sommer 2009 via Nürnberg. Und danach nie wieder! Aktuell werden 35 Flugziele angegeben. Die Anzahl der eingestellten Flugverbindungen liegt weitaus höher!

Nun erhofft man sich eine Wiederbelebung, denn werden die Investoren für die benötigten 1,3 bis 1,4 Milliarden Euro gefunden, soll es zügig losgehen. Von der geplanten Flottenstärke von 26 Fliegern soll auch Dortmund profitieren: 4 bis 5 Maschinen sollen stationiert werden.

Es wird eng werden auf dem Vorfeld, wenn zu diesen Maschinen die von „WizzAir“ im Nachtflug-Genehmigungsverfahren angeführten 5 Flugzeuge ebenfalls ihren Schlafplatz suchen.

Es darf geträumt werden:

  • Der Flughafen wird einen nie erlebten Boom erleben,
  • vielleicht die roten Zahlen hinter sich lassen,
  • nie gekannte Passagierströme werden das jetzt oft leere

           Terminal bevölkern.

Da macht es Sinn, dass der umtriebige Flughafen-Geschäftsführer bereits im Juli 2016 Planungen zum Bau eines Hotels auf dem Flughafengelände in Auf-trag geben wollte. Verlautbart wurde über das Ergebnis bis heute nichts.

Den Preis für den wachsenden Flugverkehr

zahlen unsere Kinder und Enkel. „Denn das Fliegen ist die energie-intensivste Art der Mobilität. In kürzester Zeit große Distanzen zu überwinden, bedarf eines großen Energieeinsatzes. Die dabei entstehenden Emissionen führen zu hohen Klimaschäden. Die CO2-Emissionen des Luftverkehrs tragen bereits jetzt etwa zu 5 % * zur globalen Erwärmung bei – und die Industrieländer sind dabei die Hauptverursacher. Denn 90 % der Weltbevölkerung haben noch nie ein Flugzeug von innen gesehen.“ (Quelle: BUND)

*Weitere Emissionen sind Stickoxide, Wasserdampf, Sulfat-Aerosole und Russ.

Unter Berücksichtigung der Gesamtwirkung und durch die direkte Eintragung in hohe Luftschichten vervielfacht sich die Erwärmungswirkung des Flugverkehrs im Vergleich zu bodennahen CO2-Emissionen anderer Verkehrsträger.

(Quelle: Robinwood)

Und zuletzt:

Nach fast 29 Jahren als Vorsitzende der SGF werde ich mich nicht erneut zur Wahl stellen und (einem) jüngeren Kandidaten Platz machen.

Es war – trotz teilweiser großer Belastung – eine tolle Zeit, die ich nicht missen möchte!

Mein Dank gilt Ihnen, liebe Mitglieder und Ihren Familien, die der SGF über so viele Jahre die Treue gehalten und unsere / meine Arbeit erst ermöglicht haben. Denn nur eine zahlenmäßig starke Bürgerinitiative wird politisch ernst genommen, kann bei einer guten Finanzlage die erforderliche Öffentlichkeits-arbeit (Informationen, Anzeigen) leisten und nicht zuletzt auch ins Prozess-Risiko gehen.

Danke sagen möchte ich auch für die Unterstützung der Naturschutzverbände, der Stadt Unna und – ja auch – der Parteien / Fraktionen in UN + DO, die uns im Widerstand gegen die permanente Ausbaupolitik unterstützt haben.

Ich danke auch den „Gründungsvätern“ der SGF, die 1968 als Bürgerinitiative an der Chaussee starteten und 1974 den Verein gründeten. Ohne deren Weitsicht, ihren harten politischen Auseinandersetzungen, der Aufklärungsarbeit  (ohne Fax und Internet!) und konstruktiven, sachbezogenen Kritik hätte der Flughafenausbau aus heutiger Sicht eine ganz andere, dramatisch anzunehmende Entwicklung genommen. Die trotz allen Wider-standes abgeschnittenen Salami-Scheiben wären ungleich dicker ausgefallen!

Nicht zuletzt danke ich den Kolleginnen und Kollegen, die mir in den wechselhaften Zeiten zwischen Niederlage und Erfolg zur Seite gestanden haben. Einige waren Kurzstrecken- und Mittelstreckenläufer, die wenigstens hatten den langen Atem für die Marathonstrecke von 30 Jahren und mehr. Dieses sind Erich Schröder und Derick Meßling! Leider sind weitere inzwischen verstorben – aber unvergessen. Aber nun ruht die Hoffnung auf denjenigen, die sich heute – teils erneut – zur Wahl stellen und mit frischer Kraft und altem Kampfgeist die Arbeit der SGF fortsetzen wollen und werden.

Meine Bitte: Bleiben Sie der SGF treu und unterstützen Sie weiterhin deren Arbeit. Denn leider ist die Arbeit in und mit der SGF nicht beendet.

Bitte vergessen Sie nicht:

Nur gemeinsam sind wir stark!

Ich werde an Ihrer Seite bleiben.

Ursula Wirtz

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