Noch 6 Tage bis zur Bundestagswahl. Dann wird sich auch entscheiden, inwieweit die Laissez-faire-Politik in Sachen Luftverkehr eine Fortsetzung erfährt oder aber die Lärmschutzinteressen der Anwohner Vorrang haben, aber auch, ob sich der Luftverkehr den Anforderungen des Klimaschutzes stellen muss. Was sagen die Parteien hierzu. In alphabetischer Reihenfolge:
AFD: Sehr einfach sind die Aussagen der AfD zu bewerten. Die AfD will Deutschlands Flughäfen als Wirtschaftsfaktor stärken. Sie dürfen nicht einer „unwissenschaftlichen Klima-Hysterie geopfert werden“, heißt es im Wahlprogramm. Die AfD befürwortet die Abschaffung der Luftverkehrsteuer und richtet sich gegen unrealistische CO2-Reduktionsziele der EU.
Oder anders formuliert: Der Luftverkehr soll weiter wachsen und nicht durch Restriktionen wie Subventionsabbau, Klimaauflagen oder Lärmschutzbegrenzungen eingeschränkt werden.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Recht umfangreich sind die Ausführungen im GRÜNEN Wahlprogramm zum Thema Luftverkehr. Im Einzelnen heißt es:
„Fliegen bringt unsere Welt näher zusammen, ist aber eine der klimaschädlichsten Fortbewegungsarten. Nach der Pandemie wollen wir kein Zurück zum unbegrenzten Wachstum des Luftverkehrs, sondern diesen am Ziel der Klimaneutralität ausrichten. Kurzstreckenflüge wollen wir ab sofort Zug um Zug verringern und bis 2030 überflüssig machen, indem wir massiv Bahnangebote – gerade Direkt- und Nachtzugverbindungen – ausweiten und für faire Wettbewerbsbedingungen zwischen den Verkehrsmitteln sorgen, die die ökologischen Kosten wiederspiegeln. Die Zahl von Mittel- und Langstreckenflügen gilt es zu vermindern, zum Beispiel indem öffentliche und privatwirtschaftliche Geschäftsreisen durch die Nutzung von Videokonferenzen entfallen. Das Fliegen wollen wir nachhaltig, zukunftsfähig und langfristig unabhängig von fossilen Treibstoffen machen. Dafür sorgen ein strikter europäischer Emissionshandel, die Förderung moderner Flugzeugtechnologien und die Erhöhung der Beimischungsquoten mit einem klaren Anstiegspfad, der fossiles Kerosin durch strombasierte Kraftstoffe aus Erneuerbaren Schritt für Schritt ersetzt. Bis 2030 soll die Quote statt 2 Prozent mindestens 10 Prozent betragen und im Folgejahrzehnt deutlich anwachsen. Den Aufbau von Produktionsanlagen dafür fördern wir. Umweltschädliche Subventionen sind abzubauen und fortlaufende Finanzhilfen für Flughäfen zu beenden. Außerdem setzen wir uns für die Einführung einer europäischen Kerosinsteuer ein. Bis diese in der EU umgesetzt ist, werden wir auf nationaler Ebene eine Kerosinsteuer für innerdeutsche Flüge einführen. Lohndumping durch Billigflüge muss beendet werden. Einen weiteren Ausbau der Flughafeninfrastruktur lehnen wir ab. Neue Entwicklungen im Flugverkehr, wie zum Beispiel Drohnen, müssen sich daran messen lassen, ob sie einen Beitrag zu einer nachhaltigen Mobilitätswende leisten können. Zur Reduktion von Fluglärm braucht es weniger Flugzeuge, eine Pflicht zum aktiven Schallschutz für leisere Flugzeuge, ein echtes Nachtflugverbot, die Gleichstellung von militärischen und zivilen Flughäfen sowie eine Novellierung der gesetzlichen Grundlagen mit strengeren Grenzwerten. Für den Gesundheitsschutz wollen wir außerdem Grenzwerte für Ultrafeinstaub festlegen.“
Auf eine Kurzformel zusammengefasst: Fliegen soll teurer werden, Abbau der Subventionen, kein weiteres Wachstum des Luftverkehrs, Ersatz der Kurzstreckenflüge durch die Schiene, Nachtflugverbot und CO2-freie Treibstoffe sind die Schlagwörter der GRÜNEN Programmatik.
CDU/CSU: Nach Auffassung der CDU/CSU soll die Luftfahrt weiterhin ein preislich wettbewerbsfähiger Verkehrsträger sein. Der Luftverkehrsstandort Deutschland ist zu erhalten. Die Schienenverbindungen zu den Drehkreuzflughäfen sollen ausgebaut werden, das Luftfahrtforschungsprogramm ist auszubauen. Synthetische Kraftstoffe (SAF) sollen entwickelt und produziert werden. Flüge, bei denen alternative Kraftstoffe eingesetzt werden, sollen von der Luftverkehrssteuer befreit werden. Die Luftfahrt ist als Schlüsseltechnologie, beispielsweise zur Entwicklung von Flugtaxen, gezielt zu fördern.
CDU/CSU haben kein Interesse, die zivile Luftfahrt in Deutschland einzuschränken. Spätestens mit Beginn der Corona-Krise ist klar, dass entsprechende Umweltbekenntnisse eher symbolischen Charakter haben. Milliardenschwere Hilfspakete für die Lufthansa, Condor und TUI wurden gemeinsam mit der SPD aufgelegt. Auch Airbus wurde neben allgemeinen Programmen wie dem Kurzarbeitergeld mit zusätzlichen Exportfinanzierungen gestützt. Auf Finanzhilfen für die Flughäfen Berlin, Köln/Bonn und München folgten zuletzt auch solche für die kleineren durch die Übernahme der Flugsicherungskosten. Auch die Deutsche Flugsicherung wurde unterstützt. Selbstredend wird die Subventionspolitik der Regionalflughäfen weiterhin unterstützt. Keine Rede von einem Ersatz innerdeutscher Flüge durch attraktive Schienenverbindungen.
FDP: Nach Auffassung der FDP soll die Luftverkehrssteuer abgeschafft, die Luftsicherheitsgebühren neu geordnet und eine Ausweitung von Nachtflugverboten verhindert werden. Hoheitliche Aufgaben wie die innere Sicherheit oder die Drohnenabwehr müssen von der öffentlichen Hand getragen und effektiv organisiert werden. Deutschland benötigt einen einheitlichen europäischen Luftraum sowie faire Rahmenbedingungen für einen wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Luftverkehr.
Anders formuliert: Der Staat soll neue Technologien fördern, den Rest soll der Markt regeln. Keine nationalen Alleingänge sondern Abwarten auf den letzten Nachzügler innerhalb der Europäischen Union, so der Ansatz der FDP.
LINKE: Ebenso ausführlich wie die Grünen widmen sich die LINKEN dem Luftverkehr in ihren programmatischen Aussagen. Auch bei den Inhalten gibt es eine recht große Übereinstimmung mit den GRÜNEN Forderungen. Sei es das Ende der Subventionspolitik, die Verlagerung der Kurzstreckenflüge auf die Schiene oder der Verzicht auf Nachtflüge. Für die Linke ist ebenso wie für die Grünen klar, dass der Luftverkehr schrumpfen muss. Neu ist die Forderung nach einem Mobilitätskonzern, in dem die Deutsche Bahn und die Lufthansa mit ihren Geschäftsbereichen aufgehen soll. Angeknüpft wird damit an die Forderung von Parteichef Bernd Riexinger aus Sommer 2019 zur Verstaatlichung aller Fluggesellschaften getreu dem Credo „Kapitalismus verträgt sich nicht mit Klimaschutz“.
SPD: „Wir werden Deutschland bis 2030 zum Leitmarkt für Wasserstofftechnologien machen – für die klimaneutrale Erzeugung von Stahl, für CO2-arme PKWs, LKWs und den Schiffs- und Flugverkehr.“
Das war`s auch, was die SPD zum Thema Luftverkehr zu sagen hat. Möglichst wenig Angriffsfläche zum Thema Luftverkehr, scheint die Devise zu sein. Das Thema Luftfahrt wird schlichtweg ausgeblendet. Grundsätzliches zur künftigen Rolle des Luftverkehrs oder Konkretes zu politischen Debatten über Regulierung, Fluglärm oder Regionalflughäfen findet sich im SPD-“Zukunftsprogramm” nicht.