Lärmaktionsplan der Stadt Dortmund, SGF nimmt Stellung

Im Rahmen eines zweistufigen Verfahrens ist die Stadt Dortmund verpflichtet alle 5 Jahre einen Lärmaktionsplan zu erstellen. Zunächst ist der Umgebungslärmpegel in Lärmkarten zu erfassen und im Anschluss daran ein entsprechender Lärmaktionsplan zur Verminderung von Geräuschbelastungen zu erstellen. Dieses Planwerk ist in enger Abstimmung mit der betroffenen Öffentlichkeit zu erarbeiten, so die Vorgaben der Europäischen Gemeinschaft. Den Entwurf des Lärmaktionsplan finden Sie über diesen Link: LAP_DO_2024_Entwur-1

Figur aus dem OVG Münster
Figur aus dem Oberverwaltungsgericht; © Rita-Maria Schwalgin

Die Schutzgemeinschaft Fluglärm Dortmund – Kreis Unna e.V. (SGF) hat angesichts der dürftigen Hinweise des Dortmunder Umweltamtes zum Thema Fluglärm eine umfangreiche Stellungnahme erarbeitet, die heute mit Ablauf der Einwendungsfrist in das Verfahren eingebracht worden ist.

Im Einzelnen haben wir hierzu folgenden Sachverhalt ausgeführt:

Der Standort Flughafen Dortmund-Wickede belastet Mensch und Umwelt in erheblichem Maße. Es ist zwingend erforderlich einen Ausgleich zwischen der wirtschaftlichen Bedeutung und den steigenden Mobilitätsbedürfnissen auf der einen Seite sowie dem Schutz der Bevölkerung vor Lärm auf der anderen Seite zu schaffen.

Für den Stadtteil Dortmund-Aplerbeck liegen Berechnungen über die Lärmbelastung durch Fluglärm vor. Danach sind Teile des Stadtteils Dortmund Aplerbeck mit Durchschnittswerten zwischen 55 und 59 dB(A) belastet. Dies gilt auch für Teile nördlich des Flughafens Dortmund gelegenen Gewerbegebietes Dortmund-Wickede. Die gleichen Durchschnittswerte gelten für westlich gelegene Siedlungen von Unna-Massen am östlichen Rand der Stadt Dortmund.

Seit 2022 werden alle Lärmkarten in der EU nach neuen, einheitlichen Berechnungsverfahren erstellt, damit die Ergebnisse zwischen den Mitgliedsstaaten vergleichbar sind. Erfahrungsgemäß werden damit deutlich mehr durch Fluglärm belastete Menschen ausgewiesen. Im Entwurf des LAP der Stadt Dortmund wird nicht auf die Umstellung der Lärmkartierung hingewiesen – geschweige denn, die daraus resultierenden Änderungen für potenziell Betroffene ersichtlich!

Was den Fluglärm vom Straßenlärm unterscheidet:

Bei Einzelflugereignissen treten in den genannten Gebieten erhebliche Lärmspitzen mit extrem hohem Belästigungspotential mit anzunehmenden gesundheitlichen Folgen und starker Minderung der Wohnqualität auf.

Diese Tatsache unterscheidet Fluglärm von Straßenlärm, der dauerhaft relativ niedrige Pegel aufweist. Dass die Fluggesellschaften „zunehmend lärmärmere Flugzeugtypen“ (6.6.2) einsetzen, ist statistisch nicht begründet. Auf die Angabe von Zahlen wird im LAP-Entwurf verzichtet.

Unter diesem Aspekt erfolgt im Dortmunder Lärmaktionsplan eine nicht nachzuvollziehende und völlig einseitige Beurteilung des Straßenlärms.

Unter der Überschrift „Die Freiheit über den Wolken sei grenzenlos“, werden Rundflüge über Wohngebiete angeboten, um aus „der Vogelperspektive per Panoramablick das Ruhrgebiet erleben“ zu können. Hier kann man auch eine Verletzung der Privatsphäre ableiten. Wollen wir das als Stadtgesellschaft?

Die Flugschulen Essen/Mülheim und Dortmund nutzen regelmäßig den Dortmunder Flughafen, um Übungsflüge durchzuführen. Dabei werden regelmäßig in niedriger Höhe mehrfach Schleifen über Wohngebieten der Stadtbezirke Aplerbeck, Brackel, Hörde und Unna geflogen. Besonders lärmintensiv sind die sogenannten “Go-Arounds”, bei denen ein Flugzeug in der Endphase des Landeanflugs wieder Schub gibt und zügig aufsteigt, anstatt auf der Landebahn zu landen.

Rund 10 % aller Flugbewegungen sind Hubschrauberflüge. Im Jahr 2022 waren dies rund 3.500 Flüge insbesondere der Polizeifliegerstaffel und der Deutschen Luftrettung. Ab den 1. Januar 2025 wird der bisher nur tagsüber eingesetzte Hubschrauber „Christoph“ der Deutschen Luftrettung im 24h- Betrieb, d.h. auch nachts eingesetzt. Die eingesetzten Hubschrauber fliegen in alle Himmelsrichtungen, zumeist in Flughöhen von 100 bis 300 m direkt über die angrenzenden Wohngebiete wie Wickede, Asseln, Brackel, Massen. Demgegenüber wird bei der Fluglärmberechnung die Flugrichtung 24/6 (Ost-Westrichtung) vornehmlich zugrunde gelegt.

Mit dem angekündigten Rückzug von Ryanair und der Streichung der Verbindung nach München durch Eurowings werden künftig ca. 3.500 Flugzeuge jährlich weniger Dortmund anfliegen. Dies ist ein begrüßenswerter Beitrag zur Lärmminimierung.

Gemäß § 32b, Nr. 3 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) sollen die Mitglieder der Fluglärmkommission Maßnahmen den Genehmigungsbehörden, dem Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung sowie der Flugsicherungsorganisation beraten, zum Schutz gegen Fluglärm und gegen Luftverunreinigungen durch Luftfahrzeuge vorschlagen. Bisher ist der Vertreter der Stadt Dortmund ausschließlich als Interessenvertreter des Dortmunder Flughafens aufgefallen. Dies widerspricht den Zielen des Luftverkehrsgesetzes.

SGF-Protestaktion anlässlich der Schließung des WizzAir-Standortes, © Rita-Maria Schwalgin
SGF-Protestaktion anlässlich der Schließung des WizzAir-Standortes, © Rita-Maria Schwalgin

 

Hieraus ergeben sich folgende Empfehlungen:

Änderung der Lärmkartierung:

Die Lärmkartierung für die Ausweisung von fluglärmbelasteten Gebieten wird auf die von der EU seit 2022 vorgeschriebene einheitliche Form umgestellt.

Zu Punkt 0.2 „Berechnungsergebnisse der Umgebungslärmkartierung“:

Die Ergebnisse der Lärmkartierung des Umgebungslärmportals NRW für den Fluglärm werden in den Text übernommen.

Zu Punkt 0.3 „Ergebnisse der Öffentlichkeitsbeteiligung“:

Die Reduzierung der Auswertung der Öffentlichkeitsbeteiligung auf den Straßenverkehr ist völlig unzureichend. Hier ist eine Ergänzung um den Punkt Beschwerden zum Dortmunder Fluglärm erforderlich.

Weiterhin hätte die Stadt Dortmund im Rahmen ihrer Verantwortung für die Fluglärmemissionen in östlicher Richtung, namentlich im Gebiet des Unnaer Stadtteils Unna-Massen, auch dort eine Öffentlichkeitsbeteiligung – ggfs. in Zusammenarbeit mit der Kreisstadt Unna- durchführen müssen. Dies ist offensichtlich unterlieben!

Zu Punkt 6.6.5 „Passiver Schallschutz – Schallschutzfenster“
Freiwilliges Lärmschutzprogramm

Über ein freiwilliges Lärmschutzprogramm soll der Einbau von Schallschutzfenstern in allen Aufenthaltsräumen unterstützt werden, wenn die vorhandenen Fenster ein Schalldämmmaß <35 dB erbringen, sowie Schalldämmlüfter oder alternativ eine Nachrüstung von programmierbaren automatischen Fensterschließeinrichtungen in Schlaf- und Kinderzimmern. Die Finanzierung des Programms erfolgt durch die Verursacher, den Dortmunder Flughafen gemeinsam mit den Fluggesellschaften, die regelmäßig von und nach Dortmund fliegen. Als Finanzrahmen wird eine jährliche Summe von mind. 500 T€ für erforderlich gehalten. Nutznießer des Programms sollen vornehmlich Grundstückseigentümer bzw. Bewohner innerhalb der Tag-Schutzzone 2 sein. Über den Mittelabruf ist der Fluglärmkommission jährlich zu berichten.

Zu Punkt 4.3 „Festlegung der ruhigen Gebiete“

Ziel ist die Vermeidung der Lärmzunahme in innerstädtischen Bereichen, in denen Erholungssuchende möglichst frei von Lärmbelästigungen „zur Ruhe kommen“ können, unter Gewährleistung eines hohen Gesundheits- und Umweltschutzniveaus sowie der Erhalt und die Steigerung der Lebensqualität. Behördenübergreifend und unter Einbeziehung der örtlichen Umweltverbände sind geeignete Flächen intensiv zu prüfen. Als ruhige Gebiete sind ausschließlich Bereiche zu definieren, in denen tagsüber 45 dB(A) bzw. nachts 35 dB(A) als Summenpegel aller Lärmquellen im Außenbereich entsprechend den Vorgaben der TA Lärm für Kurgebiete, Krankenhäuser und Pflegeanstalten nicht überschritten werden. Darüber hinaus sind Einzelschall-Ereignisse durch Überflüge hinsichtlich Anzahl und Höhe miteinzubeziehen. Die in der Tabelle 6 genannten Flächen sind dahingehend zu überprüfen.

Zu Punkt 6.6 „Maßnahmen Flugplätze“

Der Maßnahmenkatalog ist um folgende Punkte zu ergänzen:

• Einführung einer öffentlich zugänglichen Dokumentation über den Einsatz lärmarmer Flugzeuge und Maßnahmen zur technischen Reduzierung von Fluglärm.

• Als „aktive Schallschutzmaßnahme“ ist auf Rundflüge über Dortmunder und Unnaer Siedlungsgebiete zu verzichten. Übungsflüge von Flugschulen sind zur Minimierung der erheblichen Beeinträchtigung der benachbarten Wohnbebauung einzustellen. Aufsichtsrat und Geschäftsführung des Dortmunder Flughafens werden aufgefordert, den Linienflugbetrieb auf die Betriebszeit von 06:00 bis 22:00 Uhr zu beschränken. Auf eine Akquisition von neuen Flugverbindungen zur Kompensation der in 2025 entfallenden Flugziele ist zu verzichten.

• Bei der Bewertung von Fluglärm für künftige bzw. nicht abgeschlossene Planungen ist entsprechend den Empfehlungen der WHO, des Umweltbundesamtes und des Sachverständigenrates der Bundesregierung die Höhe der Unbedenklichkeitsschwelle für Nachtflüge auf 40 dB(A) anzusetzen.

• Auf eine Verlagerung der bestehenden östlichen Landebahnschwelle um 300 m ist zu verzichten.

• Die Berechnungen des Fluglärms sind auf die tatsächlichen Bewegungsprofile der Hubschraubereinsätze der Deutschen Luftrettung bzw. der Polizeifliegerstaffel abzustellen.

• Die Planungen zur Erweiterung des Flughafenvorfeldes und des Terminalgebäudes und zum Neubau eines weiteren Parkhauses sind aufzugeben.

• Der Maßnahmenbericht des Lärmaktionsplans ist zu ergänzen um die bisher von den Mitgliedern der Fluglärmkommission eingebrachten Maßnahmen. Dies gilt insbesondere für die Hinweise der von der Stadt Dortmund entsandten Vertreter in der Fluglärmkommission.

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